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Nachrichten 07.02.2024

Bedeutend für die Entwicklung von zucker- und fettreduzierten Lebensmitteln: Forschungsteam optimiert enzymatische Synthese von Ballaststoffen aus Saccharose

Laut dem Robert-Koch-Institut waren 2019/2020 in Deutschland 46,6 % der Frauen und 60,5 % der Männer übergewichtig; darunter ist mindestens ein Viertel der Erwachsenen adipös, also stark übergewichtig …

Bedeutend für die Entwicklung von zucker- und fettreduzierten Lebensmitteln: Forschungsteam optimiert enzymatische Synthese von Ballaststoffen aus Saccharose
Besonders interessant ist das Projekt für die von KMU geprägte Fruchtsaftindustrie, die mit innovativen Fruchtgetränken mit reduziertem Zuckergehalt und erhöhtem Ballaststoffgehalt ihr Produktportfolio erweitern könnte. (Foto: Pixabay)

Laut dem Robert-Koch-Institut waren 2019/2020 in Deutschland 46,6 % der Frauen und 60,5 % der Männer übergewichtig; darunter ist mindestens ein Viertel der Erwachsenen adipös, also stark übergewichtig. Der Anteil übergewichtiger Menschen nimmt kontinuierlich zu – und damit auch die ernährungsbedingten Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus Typ 2. Dieser Trend ist in allen Industrienationen ein bedeutendes Problem für die öffentliche Gesundheit. Um diesem entgegenzuwirken, unterstützt auch die Nationale Reduktionsstrategie des Bundes die Entwicklung von Lebensmitteln mit reduziertem Zucker- oder Fettgehalt – ebenso wie die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF)!

Im Rahmen eines aktuellen IGF-Projekts forschen Wissenschaftler der Universität Halle-Wittenberg an der Herstellung von Lebensmittelzutaten auf Basis von Fructo-Oligosacchariden (FOS) und Inulin, welche zur Reduktion des Verzehrs von verwertbaren Zuckern und Fetten verwendet werden können. Ihr großer Pluspunkt ist, dass sie zu den ernährungsphysiologisch bedeutenden Ballaststoffen zählen – Ballaststoffhaltige Lebensmittel machen länger satt, wirken sich positiv auf das Darm-Mikrobiom aus und lassen den Blutglucosespiegel nur langsam ansteigen. Während die wichtigsten FOS Kestose, Nystose und Fructosylnystose bis zu 30 % der Süßkraft von Saccharose besitzen und sich somit zur Zuckerreduktion eignen, kann Inulin zur Fettreduktion verwendet werden, indem es Lebensmitteln ein cremiges Mundgefühl verleiht.

Inulin und Fructo-Oligosaccharide werden derzeit einerseits aus Chicoréewurzeln und Artischocken gewonnen – ein sehr aufwändiger Prozess, der auch Schwankungen in der Qualität unterliegt. Andererseits können FOS mithilfe von Enzymen hergestellt werden, dabei kommen vorrangig sogenannte Fructosyltransferasen zum Einsatz. Es besteht jedoch ein großer Bedarf, das Spektrum an geeigneten Enzymen zu erweitern: Denn die momentan verwendeten Enzyme liefern nur eine vergleichsweise geringe Ausbeute, dazu eignen sie sich lediglich zur Synthese kurzkettiger FOS; längerkettige Vertreter oder Inulin können mit ihnen nicht hergestellt werden. Vor diesem Hintergrund nehmen die Wissenschaftler Saccharose sowie saccharosereiche Lebensmittel als geeignete Rohstoffquellen unter die Lupe. Als vielversprechende Enzymklasse stehen Inulosucrasen im Fokus der Untersuchungen: Sie verfügen über eine hohe Aktivität in zuckerreichen Umgebungen und sind in der Lage, neben FOS auch Inulin zu bilden.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Bildung von FOS und Inulin durch fünf verschiedene Inulosucrasen systematisch und detailliert zu untersuchen. Die erhaltenen Erkenntnisse sollen eine gezielte Steuerung von Produktzusammensetzung und -ausbeute durch Modifikation der Reaktionsbedingungen ermöglichen. Bei den Untersuchungen dienen sowohl reine Saccharoselösungen als auch saccharosereiche Lebensmittel wie Rübensirup und Saftkonzentrat als Substrate. Die durch enzymatische Umsetzung erhaltenen Mischungen sollen entweder direkt oder nach Entfernung von Glucose und Fructose als Lebensmittelzutat verwendet werden können.

Im Jahr 2020 wurde der Markt für FOS auf rund 3 Mrd. US-Dollar geschätzt. Aufgrund des hohen Bedarfs an zucker- und fettreduzierten Lebensmitteln, zu denen die Verwendung von FOS und Inulin beitragen kann, wird bis 2027 ein Wachstum auf rund 5 Mrd. US-Dollar erwartet. Durch den Einsatz von Inulosucrasen, die einen höheren Ausbeute gegenüber bereits verwendeten Enzymen ermöglichen, kann die Wirtschaftlichkeit bestehender Verfahren erheblich verbessert werden. Davon werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem Bereich der Spezialzuckerherstellung und Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln profitieren können. Zudem bietet der Einsatz von Inulosucrasen in saccharosereichen Lebensmitteln wie Rübensirup oder Saftkonzentrat ein großes Potenzial für die Herstellung von zuckerreduzierten, präbiotischen Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten. Besonders interessant ist dies für die von KMU geprägte Fruchtsaftindustrie, die mit innovativen Fruchtgetränken mit reduziertem Zuckergehalt und erhöhtem Ballaststoffgehalt ihr Produktportfolio erweitern könnte.

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