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Nachrichten 08.05.2009

Das Pfandsystem macht nicht alle glücklich

Durch das Einwegpfand auf alkoholfreie Getränke ist die Quote bei den Mehrwegflaschen weder stabilisiert worden, noch konnte dadurch die mittelständisch geprägte Getränkeindustrie gesichert werden. Zu diesem Schluss kam Albert Mayer, Vorsitzender der Fachgruppe Fruchtsaft im Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW) e. V., bei der Mitgliederversammlung am 19. März im oberschwäbischen Bad Wurzach. „Nicht nur die […]

Durch das Einwegpfand auf alkoholfreie Getränke ist die Quote bei den Mehrwegflaschen weder stabilisiert worden, noch konnte dadurch die mittelständisch geprägte Getränkeindustrie gesichert werden. Zu diesem Schluss kam Albert Mayer, Vorsitzender der Fachgruppe Fruchtsaft im Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW) e. V., bei der Mitgliederversammlung am 19. März im oberschwäbischen Bad Wurzach. „Nicht nur die Kampfpreise der Discounter, sondern vor allem die handwerklichen Fehler der Verpackungsordnung sind schuld am Siegeszug der Einwegverpackungen“, beklagte Mayer. Der Verbraucher wisse nicht, ob er Einweg- oder Mehrweggebinde kaufen solle, denn er zahle für alles Pfand.
Dschungel an Pfandsätzen auf dem Markt
Der Vorsitzende verwies auf den Dschungel an Pfandsätzen, die sich an Größe und Beschaffenheit der Flasche orientierten. Obwohl die Fruchtsäfte frei von Pfand seien, beträfen die Entwicklungen am Gebindemarkt  auch die mittelständischen Fruchtsafthersteller. Mayer ist der Ansicht, dass über die Abschaffung des Pfandes nachgedacht werden sollte.
Dem Vernehmen nach erzielen die Discounter über die Einnahmen von Gebühren für den Grünen Punkt, Pfand und Recycling für das sortenreine Verpackungsmaterial pro Jahr Mehrerlöse von über 400 Mio. €. Damit können sie die Preise für Einweggetränke künstlich niedrig halten. „Dies bedeutet, dass an der Verpackung und nicht am Produkt verdient wird — hat das der Gesetzgeber so gewollt?“ fragte Mayer.
Kritik übte er auch an der Preisentwicklung des Mostobstes in der vergangenen Ernte. Wegen der rückläufigen Preistendenz im Herbst 2008 hätten die Anlieferer gegen Ende der Saison einen niedrigeren Auszahlungspreis erhalten als zu Beginn der Saison — obwohl die später angelieferten Äpfel generell den besten Saft ergeben. Mayer appellierte an seine Branchenkollegen, ihre Anlieferer darauf hinzuweisen, dass die Äpfel erst geerntet werden sollen, wenn sie auch reif sind. Zudem müsste man den Anliefern versichern, dass eine spätere Ernte auch einen höheren Mostobstpreis erziele.
In der Mostobstsaison 2008 waren in Deutschland 650 Mio. l Apfelsaft gekeltert worden,  davon 325 Mio. l in Baden-Württemberg. Ursachen für die unzureichende Qualität des Mostobstes waren überdurchschnittlich große Behangdichten, wenig Sonnenstunden und hohe Niederschläge. Dies äußerte sich primär in geringen Öchslewerten — in Verbindung mit einem zu hohen Säuregehalt, was zu einem unstimmigen Zucker-Säure-Verhältnis führte. Dementsprechend konnte der erste qualitativ hochwertige Saft erst nach Wochen gekeltert werden.
Wie der VdAW mitteilte, lag der Konsum von stillen, fruchthaltigen Getränken im Jahr 2008 bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 32,9 l. Dies entspricht einem Rückgang von 5,5 Prozent im Ver-gleich zum Vorjahr. Bei den Fruchtsäften sank die Menge um 8,3 Prozent, bei Fruchtsaftgetränken ohne Kohlensäure um 14 Prozent. Der Absatz von Fruchtnektaren hingegen stieg um 14,3 Pro-zent an. Sie profitierten offenbar von der Pfandbefreiung.
Trend zu vorgemischten Getränken
Weiter fortgesetzt hat sich im vergangenen Jahr der Trend zu fertig gemischten Getränken. Bei den Erfrischungsgetränken mit Kohlensäure wurde beim Verbrauch erstmals die magische Grenze von 100 l erreicht. Vertrieben werden die Getränke immer häufiger von Discountern, während SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte sowie die Getränkeabholmärkte hier weiter an Boden verlo-ren haben. Sie haben am Gesamtmarkt der alkoholfreien Getränke nun einen Anteil von zehn Prozent.
In punkto Wirtschaftlichkeit der Fruchtsaftbetriebe zeichnete der VdAW ein zweigeteiltes Bild. Einerseits zogen die Preissenkungen gegen Ende 2008 und die daraufhin nachgebenden Endverbraucherpreise im Dezember einen starken Absatz nach sich. Zudem stieg während der Weihnachtszeit und der Kurzarbeit vieler Betriebe der Verzehr zu Hause. Andererseits sorgte der Ersatz von Mehrweg durch Einweg und die größere Vielfalt bei Verpackungen, Verschlüssen und Kisten für höhere Kosten bei den Abfüllern.
Wechselwirkungen bei PET-Flaschen
Füllt man Fruchtsaft in PET-Flaschen ab, muss man auf die Wechselwirkungen zwischen Verpackung und Füllgut achten. Wie Dr. Frank Welle vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising weiter ausführte, wird die Qualität des Fruchtsafts in PET-Flaschen von mehreren äußeren Faktoren beeinflusst. Dazu gehören vor allem Licht, Sauerstoff und Umwelt-chemikalien. Daher ist der Saft in PET-Flaschen nicht so lange haltbar wie in Glasflaschen. Die Mindesthaltbarkeitsdauer liegt mit maximal neun Monaten deutlich niedriger als in Glasflaschen. Für längere Haltbarkeitszeiträume sind Sauerstoffauffänger- oder Barrieren sowie ein Lichtschutz notwendig. Da dies bei Mehrwegflaschen nicht möglich sei, dominierten bei PET derzeit die Einwegflaschen, erklärte Welle. Zudem seien die derzeit auf dem Markt befindlichen Kunststoffflaschen sehr verschieden in ihrem Aufbau und in ihren Beschichtungen. „Es gibt keine zwei PET-Flaschen mit dem gleichem Aufbau“, verdeutlichte Welle die Unterschiede. Beim Stichwort PET-Flaschen kam die Sprache auch auf die Veröffentlichung von Wissenschaftlern, die Substanzen mit hormonartiger Wirkung in PET-Mineralwasserflaschen gefunden hatten.
Dazu stellt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) fest, dass die Studie zwar Hinweise auf Verunreinigungen mit östrogenartiger Aktivität in einigen der untersuchten Proben aufweist. Allerdings sei bei dem ersten Test mit genetisch veränderten Hefezellen nicht untersucht worden, welche Substanzen für die Ergebnisse verantwortlich seien. Schließlich ließen sich bei der Studie von Wissenschaftlern keine Unterschiede in Bezug auf die Verpackung ableiten — denn sowohl bei Glas- als auch bei PET-Flaschen seien vergleichbare Aktivitäten gemessen worden.
Die Untersuchung der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main hatte noch aus einem zweiten Test bestanden, bei dem Schnecken in Glas- und in PET-Flaschen mit speziellem Wasser (kein Mineralwasser) gehalten wurden. Dabei wurde festgestellt, dass die Fortpflanzungsrate der Tiere in den PET-Flaschen vergleichbar war mit der von Schnecken, die in mit Östrogenen angereichertem Wasser gehalten wurden. Im Vergleich dazu fiel die Reproduktionsrate der in Glasflaschen gehaltenen Tiere niedriger aus.
Zweifel am Gesundheitsrisiko
Das BfR bezweifelt, ob dieses Testsystem relevante Aussagen zum gesundheitlichen Risiko für Verbraucher zulässt. Es fordert deshalb eine Bestätigung der Testergebnisse. Es sieht jedoch keinen Grund, warum Verbraucher auf Mineralwasser aus PET-Flaschen verzichten und auf glasver-packte Produkte ausweichen sollten.

08.05.2009
 

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